Um eine CO2-neutrale Glasproduktion bis 2050 zu erreichen, werden alle Teile der Wertschöpfungskette berücksichtigt: Die Dekarbonisierung der Produktionsprozesse, die Vermeidung der CO2-Emissionen aus vorgelagerten Lieferkette und weitere indirekte Emissionen. Nach der Analyse aller Faktoren kündigt AGC nun die ersten Schritte auf dem Weg zur Kohlenstoffneutralität an: Das Unternehmen wird bis Ende 2022 ein neues Floatglas-Sortiment mit reduziertem CO2-Footprint einführen. Dabei verfolgt AGC einen ganzheitlichen Ansatz:
- Nachhaltige Beschaffung von Rohstoffen
- Einsatz hocheffizienter Schmelzöfen
- Verstärkter Einsatz von Scherben (Recyclingglas)
- Einsatz regenerativer Energiequellen
- Optimierung der Transporte in der Veredelungskette
- Optimierung der Transporte der Endprodukte
Anwendung auf den ersten Produktionslauf in Moustier
Das AGC-Floatglaswerk in Moustier (Belgien) wurde bereits erfolgreich umgerüstet und wird somit der erste Standort der Gruppe, der das Glas mit reduziertem CO2-Footprint unter strengen Auflagen herstellt. Der Standort ist ideal gelegen, um die Rohstoffbeschaffung nachhaltiger zu gestalten und die Lieferketten zu verkürzen.
1. Nachhaltige Beschaffung von Rohstoffen
Moustier, die historisch erste Floatglas-Produktionsstätte der Gruppe in Kontinentaleuropa, profitiert unter anderem von der lokalen Verfügbarkeit sehr reinen Sandes, der vor Verwendung im Gemenge nur minimal vorbehandelt werden muss. Breits seit mehreren Jahren werden 75 Prozent der verwendeten Rohstoffe – nicht nur Sand, sondern auch Weitere – per Binnenschiff zu dem an der Sambre gelegenen Werk transportiert, um vor Ort entladen zu werden.
Soda (Natriumcarbonat) ist eine wichtige Komponente in der Glasherstellung, da es die Schmelztemperatur des Sandes, Hauptbestandteil im Gemenge, verringert. Der Kohlenstoff-Fußabdruck von Soda variiert je nach technischem Herstellungsverfahren erheblich, darum wird AGC seine Produktion auf Soda mit geringstmöglichem CO2-Footprint stützen.
2. Einsatz hocheffizienter Schmelzöfen
Einer der Schmelzöfen in Moustier wurde vor Kurzem einer Kaltreparatur unterzogen (Schmelzöfen werden alle 15 bis 18 Jahre komplett überholt). Fortan kommen neue Technologien wie das „Elektro-Boosting“ zum Einsatz, bei dem der Sand mithilfe von Strom geschmolzen wird, um die Abhängigkeit von Erdgas zu verringern. Dieses innovative Produktionsverfahren ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Kohlenstoffneutralität.
3. Verstärkter Einsatz von Scherben (Recyclingglas)
Das Werk Moustier liegt in einem Gebiet mit zahlreichen Verarbeitern, langjährigen Kunden und Tochtergesellschaften der Gruppe. Über mehrere Recyclingströme erhöht man hier stetig den Scherbenanteil in der Glasproduktion. Durch neue Scherbenströme wird der Anteil an recyceltem Glas auf mehr als 50 Prozent erhöht.
4. Nutzung erneuerbarer Energie
AGC wird die Nutzung erneuerbarer Energie vor Ort maximieren. Vor Ort sind bereits alle Dächer von Produktionsanlagen und Büros mit gebäudeintegrierter Photovoltaik ausgestattet, was den CO2-Footprint verringert. Darüber hinaus betreibt AGC in seinem Werk in Seneffe, nur wenige Kilometer von Moustier entfernt, eine eigene Windkraftanlage. Am Standort Moustier wird zusätzlicher Strom aus erneuerbaren Energien durch interne und externe Projekte (einschließlich Kraft-Wärme-Kopplung und Solaranlagen) erzeugt.
5. Optimierte Transportlogistik zwischen Gruppenstandorten
Auch die Logistik ist Teil der ganzheitlichen Strategie von AGC. Um die Synergien zwischen der Produktion und der Veredelung so weit wie möglich erhöhen und die durch Transporte entstehenden CO2-Emissionen zu reduzieren, laminiert AGC die Glasscheiben in Moustier selbst zu Sicherheitsglas. Funktionsbeschichtungen werden in der nur 25 Kilometer entfernten Beschichtungsanlage in Lodelinsart aufgebracht.
6. Optimierte Transportlogistik der Endprodukte
Durch die strategische günstige Lage des Werks in Moustier sind die Transportwege der Endprodukte kurz: Umliegende Gebiete in Nordfrankreich, den Benelux-Ländern und Westdeutschland sind dicht besiedelt und viele Millionen Kunden weniger als 250 Kilometer entfernt.
Kohlenstoffarmes Glas bietet vielfältige Verarbeitungsmöglichkeiten
Bis Ende 2022 wird die Gruppe eine neue Produktreihe auf den Markt bringen, dessen CO2-Fußabdruck um mehr als 40 Prozent gesenkt wurde (im Vergleich zur AGC Glass Europe-Basislinie: EPD für Planibel in der INIES-Datenbank): Es entstehen weniger als 7 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter Glas mit 4 Millimeter Dicke. Dieses kohlenstoffarme Floatglas wird zu den wichtigsten Funktionsverglasungsprodukten von AGC verarbeitet:
- Sicherheitsglas: Stratobel und Stratophone
- Wärmedämmglas: iplus
- Sonnenschutzglas: Stopray, ipasol und Energy
Die neuen kohlenstoffarmen Glasprodukte werden die gleiche Ästhetik, Qualität und technische Leistung bieten wie die herkömmlichen AGC-Floatglasprodukte.
AGC wird die Erkenntnisse aus Moustier nutzen, um seine Nachhaltigkeitsstrategie schrittweise auf andere Standorte zu übertragen, beginnend mit dem Werk in Seingbouse in Frankreich Anfang 2023.
[1] Im Vergleich zur AGC Glass Europe-Basislinie: EPD für Planibel in der INIES-Datenbank
Davide Cappellino, Präsident der Architectural Glass Europe & Americas Company, fasst zusammen: „Unser erstes kohlenstoffarmes Glassortiment ist ein wichtiger Meilenstein in AGCs Fahrplan zur Kohlenstoffneutralität. Wir freuen uns, unseren Kunden Glasprodukte anzubieten, die von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur letztendlichen Anwendung rund 40 Prozent weniger CO2 erzeugen als unser bisheriges Basisglas. Dies ist eine bedeutende Reduzierung und ein großer Schritt in Richtung Kohlenstoffneutralität im Bausektor.“